Aus dem Geleitwort des Herausgebers:
'Die anthropologische Bedeutung der Phantasie' von Hans Kunz, 1947 in zwei Bänden erschienen, hat bislang - obschon damals von der Rezension und dem Urteil bedeutender Repräsentanten aus Philosophie, Psychologie, Psychoanalyse und Psychiatrie übereinstimmend als «herausragende Leistung» gewürdigt und als richtungsweisender Beitrag für das künftige anthropologische Forschen angekündigt - nur vereinzelt und eher im Stillen nachgewirkt. Es möchte sogar scheinen, als sei heute die Rezeption eines Erkenntnisanspruches, wie er in diesem Werk am Leitfaden eines streng sich disziplinierenden und nach wie vor sachlich nicht eingeholten Fragens sich entfaltet, nachgerade zum Stillstand gekommen. Dafür eine Bedürfnislosigkeit als unausweichliche Folge des vorherrschend pragmatisch beengten Blickfeldes allein verantwortlich zu machen, wäre wohl allzu einfach. Noch in den stilistischen Besonderheiten des Werkes dokumentiert sich, dass Kunz - in vorbehaltlos kritischer Offenheit und zugleich jede Originalitätspose von sich weisend - sein eigenständiges, tastend vorwärtstreibendes Fragen und Argumentieren entschieden als das Ergebnis eines bewussten Eingebundenseins in das grosse Erbe tradierter Forschung vorträgt. Das fordert vom Leser ein über das Kunzsche Werk hinausgreifendes hohes Mass an Traditionsaneignung. Diese pointiert die Radikalität des Autors, der aus dem Grunde der unentrinnbaren Endlichkeit unseres Daseins - auf bislang unbetretenen Pfaden - zu einem Verständnis vorstösst, das in erschütternder Eindringlichkeit die so reichhaltig beigebrachten und disparaten Phänomenbefunde bis ins Innerste der durch und durch endlichen menschlichen Existenz aufzureissen und zu erhellen vermag.