Singen, Tanzen, Reden, Rasen - und Karneval feiern? Die simple Erkenntnis lautet: Was wir tun, wenn wir Alkohol getrunken haben, ist alles eine Frage der Kultur.
Aus eigener Erfahrung glauben wir zu wissen: Alkohol enthemmt. Schüchternheit, Vernunft, Anstand? Für ein paar Stunden vergessen! Das führt manchmal zu schönen Dingen wie einem ersten Kuss oder wilden Tanzflächen-stunts - und manchmal zu hässlichen, die vor Gericht landen und dort entschuldigt werden:
It's the alcohol, stupid!
Die amerikanischen Ethnologen MacAndrew und Edgerton zeigen unterhaltsam und überzeugend: Menschen auf der ganzen Welt betragen sich betrunken völlig unterschiedlich, und zwar je nach Tradition, Situation, historischen Umständen oder Vorbildern aggressiv oder friedlich, schweigsam oder redselig, sangeslustig oder gewalttätig, und sie sind dabei oft bemerkenswert fähig, selbst im Vollrausch noch zu unterscheiden, wen sie küssen oder schlagen - und wen nicht. Wir lesen erstaunliche, schöne und schreckliche Geschichten und erkennen verblüfft: Nicht der Alkohol ist verantwortlich für unser trunkenes Tun, wir haben es schlicht und einfach so gelernt.
Lange nach der Veröffentlichung hat Jakob Hein diesen Wissensschatz wiederentdeckt und übersetzt, der unsere Auffassung von der »enthemmenden« Wirkung des Alkohols bis hin zum Konzept der »verminderten Schuldfähigkeit« radikal infrage stellt.
Schmissig geschrieben und die wohl originellste anthropologische Studie, die je erstellt worden ist.